Formel F am See und Parkieren im Park

“Bern­er Zeitung”, 23. Juni 2019:

Als eine Art Gegen­be­we­gung zur Formel E fand am Sam­stag am Egelsee ein Ren­nen im Sch­neck­en­tem­po statt.

Er wurde Let­zter. Das erzählt Matthias Kuhl stolz. Let­zter beim Wet­tren­nen um den Egelsee, wo sich das Quarti­er am Sam­stag unter dem Titel «Langsam aber sich­er» zur Gegen­ver­anstal­tung der Formel E traf. Bei ihrem Ren­nen – der Formel F – gab es vier Vari­anten: Man startete als Gruppe mit aneinan­derge­bun­de­nen Beinen, mit Bob­by­car, an Stöck­en oder schob einen Gegen­stand vor sich her. Kuhl ging mit Abfal­lkü­bel und Kind an den Start.

Wenige Hun­dert Meter weit­er flitzten Strom­boli­den der Formel E durchs Wohn­quarti­er. Diame­tral anders ging es am Egelsee zu und her. Ren­nen im Sch­neck­en­tem­po eben – oder Parkieren im Park, wo Fam­i­lien auf Deck­en pick­nick­ten. «Wir sehen uns nicht als Geg­n­er, son­dern woll­ten eine iro­nis­che Alter­na­tivver­anstal­tung durch­führen», sagt Matthias Kuhl.

Kuhl ist vom «Vere­in am See». «Wir haben auch mit den Leuten von ‹Formel E ade› zusam­menges­pan­nt, dominieren sollen sie unsern Tag hier nicht», sagt Kuhl. Er ist im Vor­stand des Vere­ins am See, gemein­sam mit Kat­ja Juck­er. «Ich bin nicht gegen die Forschung für erneuer­bare Energien. Aber dass ein solch­es Ren­nen unter dem ökol­o­gis­chen Deck­man­tel daherkommt, das ist ein­fach eine Frech­heit», sagt Juck­er.

Entschle­u­ni­gend wirk­te der Event am Seeufer. Nichts war hier davon zu spüren, dass in der Innen­stadt 130’000 Per­so­n­en dem Ren­nen ent­ge­gen­fieberten. Hin­ter dem DJ-Pult stand Daniel Jakob alias DJ Dubokaj. Er wohnt im Obst­berg und war wegen des Ren­nens eingekesselt. Er könne sich mit dieser «Quar­an­täne» arrang­ieren, zumal er sowieso kein Auto habe. Und er gewin­nt dem gar Pos­i­tives ab. «Ich habe heute viele mein­er Nach­barn ken­nen gel­ernt. Und wir macht­en Witze, dass wir das näch­stes Jahr wieder­holen und wieder eine Wand bauen, damit alle dort bleiben müssen», sagte der 46-Jährige. Zudem habe er bei den Train­ingsrun­den Töne für seine Musik aufgenom­men. «Sie klin­gen wie Näh­maschi­nen oder wie Mix­er.» Formel F tauften die Vere­insleute ihre Ren­nen, F für Fuss. Eine Welt­premiere sei das gewe­sen, sagen sie. Dann darf man auch mal Let­zter wer­den.

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